Internationaler Jugend-Freiwilligendienst: Lisas Jahr in Thailand

Seit dem Sommer betreut Lisa im Rahmen ihres Internationalen Jugend-Freiwilligendienstes (IJFD) Waisenkinder im Sarnelli House in Thailand. Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen und wie sie den Freiwilligendienst organisiert hat.

Sawatdii ka,

ich bin Lisa-Marie Böddecker, ich bin 19 Jahre alt und komme aus Oberhausen-Osterfeld. Im Sommer 2023 habe ich an der Gesamtschule Osterfeld mit einem Durchschnitt von 1,4 mein Abitur bestanden.

Aktuell lebe ich für meinen IJFD (Internationaler Jugend Freiwilligen Dienst) im Sarnelli House in Nong Khai im Nordosten Thailands. Tatsächlich bin ich nicht selbst auf die Idee gekommen ein freiwilliges soziales Jahr im Ausland zu machen, sondern die Jugendleiterin in der Gemeinde, in der ich normalerweise ehrenamtlich arbeite, hat mir diese Möglichkeit vorgeschlagen. Wir hatten ein langes und ehrliches Gespräch darüber, was ich nach dem Abi machen und wer ich sein möchte. Auf die vielen Fragen, die man sich nach dem Abi stellt, hatte ich keine Antworten.
Also habe ich mich für das FSJ in Thailand entschieden. Die Apostel Gemeinde Oberhausen hat seit vielen Jahren eine Partnerschaft mit dem Sarnelli House, einem Waisenhaus für Kinder, die keine Familien haben bzw. aus unsicheren Verhältnissen kommen, und schickt immer wieder Freiwillige dorthin. 
Die Apostel-Kirche Oberhausen ist meine Entsende-Organisation, meine Aufnahme-Organisation ist Netzwerk-M. Netzwerk-M kümmert sich um jegliche Versicherungen und die Seminare, die ich besucht habe. Worum ich mich selbst kümmern musste, war die Anreise zu den drei Seminaren, die nötigen Impfungen, mein Visum und die Flüge.

Da meine Mutter alleinerziehend ist und ich nicht aus einer finanziell stabilen Lage komme, musste ich für den finanziellen Teil selbst aufkommen. Dafür habe ich 2 1/2 Jahre neben dem Abitur als Kellnerin gearbeitet. Das war oft nicht leicht, da ich auf vieles verzichten und mir meine Zeit noch besser einteilen musste. Das Talentscouting mit Nils hat mich sehr ermutigt, als Tochter von Einwanderern, erste Abiturientin und erste Person aus meiner Familie, die ins Ausland geht, diesen Traum zu verwirklichen und mich nicht von Zweifeln oder mangelnden Ressourcen abbringen zu lassen.

Momentan arbeiten wir noch aktiv daran, Sponsoren für mich zu finden. Ich habe einen Streckbrief erstellt, Organisationen in Oberhausen angeschrieben und um Spenden gebeten. Der Rotary Club hat eine kleine Summe gespendet, für den Rest sind aber noch weitere Spenden nötig.

Mein Alltag im Sarnelli House

Mein Alltag im Sarnelli House ist sehr vielfältig und sieht von Woche zu Woche anders aus. Zu meinen Aufgaben gehört es, die Kinder im Schulbus und während des Besuchs von Schule und Kindergarten zu begleiten sowie die Essensausgabe zu unterstützen. Wenn die Kinder nicht da sind, beschäftige ich mich mit den Babys und helfe auch dort bei jeglichem Dinge, wie z. B. dem Füttern und Windelnwechseln. Zudem unterstütze ich zwei freiwillige Physiotherapeuten, die mit vier Kindern zusammenarbeiten, die körperlich und psychisch eingeschränkt sind. Ansonsten organsiere ich viele Freizeit- und Sportangebote mit den Kindern und tanze am Wochenende, wenn sie eine Party haben, zusammen mit ihnen auf der Bühne. Einmal in der Woche gehe ich zusammen mit meiner Betreuerin auf Outreach, wo wir bedürftige Menschen im Dorf mit Lebensmitteln versorgen. Jeden Dienstag unterstütze ich an der Schule und unterrichte die Kinder in Englisch.

Über das Programm des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) können Freiwillige in einem gemeinnützigen Projekt im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich, im Sport- oder Bildungsbereich oder in der Denkmalpflege arbeiten. Die Einsatzdauer im Ausland beträgt 6 bis 18 Monate und der IJFD ist weltweit möglich.

Ein Teil der Kosten werden vom Bundesfamilienminsterium übernommen, den anderen Teil der Kosten tragen die Entsende-Organisationen. Da das teilweise immer noch recht teuer ist, werden die Teilnehmenden gebeten, sich an den Kosten zu beteiligen und einen Unterstützungskreis aufzubauen, um zum Beispiel durch Spenden oder Aktionen das nötige Geld zu sammeln.

Im Gegenzug erhält man im IJFD Taschengeld, Versicherungen sowie Begleitseminare (25 Tage bei 12-monatigem Aufenthalt) – und je nach Einsatzstelle häufig Unterkunft, Verpflegung und eine Erstattung der Reisekosten.

Mehr Infos auf rausvonzuhaus.de

In Thailand ist vieles nicht so planbar wie in Deutschland, weshalb oft auch einfach spontan Dinge anfallen. Letzte Woche kam zum Beispiel spontan der Prinz zu Besuch und ich führte mit einigen der älteren Kinder einen traditionellen thailändischen Tanz auf.
Natürlich habe ich auch Freizeit, sodass in der Lage war, das Nachbarland Laos und die Hauptstadt Bangkok zu bereisen. Ich habe auch noch ein paar Reiseziele vor mir.

Ich habe bereits jetzt nach vier Monaten so viel neues über eine fremde Kultur und einen neuen Kontinent lernen dürfen. Vor allem an den zwischenmenschlichen Beziehungen konnte ich am meisten wachsen. Ich habe neue Ebenen von Toleranz, Akzeptanz, Respekt und Empathie erlernen dürfen.
Was ich anderen Schülerinnen und Schülern, die ihr Abi machen und auch noch keine konkrete Vorstellung von dem haben, was sie danach machen möchten, ist: seid offen für Dinge, die ihr euch noch gar nicht vorstellen konntet, weil sie vielleicht sehr weit über euren Horizont hinausragen. Lasst euch nicht von der Vorstellung anderer, Ängsten, Zweifeln oder mangelnden Ressourcen einschüchtern.
Für mich hat es sich unglaublich gelohnt, meinen eigenen Willen durchzusetzen und ein Risiko einzugehen. Ich will euch dazu ermutigen euren Horizont zu erweitern.

Ganz liebe Grüße aus THAILAND
Lisa