Ahmad

Ahmad entdeckte früh sein Interesse für Physik. Sein Traum wäre es, Professor zu werden und seine Mitmenschen für Physik zu begeistern. Das Talentscouting möchte ihn auf diesem Weg begleiten und unterstützen.

Ahmad, 20, Ruhr-Universität Bochum

Hallo Ahmad! Erzähl doch mal von dir! Ich bin Ahmad, bin 20 Jahre alt und kam mit meiner Familie vor fast sieben Jahren aus Syrien nach Deutschland. Zurzeit studiere ich Physik an der Ruhr-Universität Bochum, vorher war ich auf dem Gymnasium Broich in Mülheim und habe letztes Jahr mein Abitur dort auch erfolgreich absolviert.

Wie verlief deine Schulzeit am Gymnasium Broich? Wie war dein Weg seit deiner Ankunft in Deutschland? Der Anfang war für mich sehr schwer. Ich startete in der 7. Klasse und hatte Schwierigkeiten mit anderen zu kommunizieren, da ich die Sprache noch erlernen musste. Dadurch können Freundschaften natürlich nur schwer entstehen und generell musste ich die neue Kultur erlernen und mich an die Gesellschaft anpassen. Die ersten zwei Jahre hatte ich Deutschkurse und die reguläre Klasse besucht. Erst nach drei Jahren hatte ich das Gefühl, in der Gesellschaft angekommen zu sein. Vor allem mein soziales Engagement beim CVJM hat mich beim Ankommen unterstützt. Das ist ein Jugendzentrum in Mülheim und dort habe ich jeden Mittwoch nach der Schule Kinder und Erwachsene betreut und bei Projekten mitgeholfen. Ich leite außerdem eine Klettergruppe und gehe mit Kindern und Erwachsene mit Fluchthintergrund in die Kletterhalle, damit sie sich einerseits sportlich betätigen, aber auch die Sprache und Kultur erlernen – das mache ich nun seit fast sechs Jahren. In der Q2 hatten wir ein Projekt, das von meinem Spanischlehrer ins Leben gerufen wurde, das heißt „bestrong4kids“. Dabei haben wir jede Woche ein Sportangebot für Kinder aus Kinderheimen angeboten und mit ihnen Zeit verbracht. Dort wurden auch Spenden u.a. für Kinderkrankenhäuser gesammelt.

Das ist ein tolles soziales Engagement und hat dich sicherlich während der Schulzeit unglaublich weitergebracht. War für dich eigentlich von Anfang an klar, dass du das Abitur machen möchtest? Also Ende der 9. Klasse hatten wir das erste Mal Physikunterricht und ich fand es total spannend. Ich wusste dann auch, dass ich in die Oberstufe möchte und hatte es mir trotz anfänglicher Bedenken und der sprachlichen Hürden zugetraut.

Und wann kam bei dir der Moment auf, dass du wusstest, dass du studieren gehst? Das wurde mir eigentlich schon immer klar. In der EF wusste ich dann aber, dass ich Physik studieren möchte. Aufgrund meiner Familie und Freunde wollte ich auch in der Nähe bleiben und die Universität in Bochum gefiel mir damals schon sehr gut, weshalb ich heute auch dort studiere.

Was haben deine Eltern dazu gesagt, dass du Physik studieren wolltest? Meine Eltern meinten, dass ich das studieren soll, was mir Spaß macht und mich glücklich macht. Physik war und ist meine Leidenschaft und ich möchte das auch gerne durchziehen.

Hast du denn schon eine Idee, wie es weitergehen wird nach deinem Bachelor-Studium? Ich will in die Forschung gehen, ich finde die Quantenphysik total spannend. Ich möchte Neues entdecken und meinen Horizont erweitern. Auf jeden Fall möchte ich auch einen Doktortitel anstreben und mein großer Traum wäre eine Professur in Physik..!

Wie hast du vom Talentscouting erfahren? Mein Kontakt zum Talentscouting war eigentlich zufällig. Meine ehemalige Französischlehrerin hatte mich angeschrieben und hat mir vom Talentscouting erzählt. Es wäre für Talente und ich sollte bei Alex einen Termin ausmachen.

Das Talentscouting war für mich meine Augen im Dunkeln. Ich konnte so viele Fragen mit Alex klären und sie hat mir so viel Mut gemacht und mich immer angespornt, meinen Weg zu gehen.

Was war dein erster Gedanke, dass du den Begriff „Talent“ gehört hast? Beim Wort „Talent“ dachte ich zuerst, dass ich etwas draufhaben sollte, habe es nicht so ganz ernst genommen und dementsprechend habe ich es nicht ausprobiert. Irgendwann hatten wir dann eine Berufsberatung und meine Französischlehrerin meinte, dass sie die Berufsberatung mit mir nicht fortführt, bis ich mich bei meinem Talentscout melde (lacht). „Ich bin mir sicher, dass das Talentscouting dich unglaublich weiterbringen kann und du davon total profitieren wirst“, meinte sie zu mir. Direkt darauf habe ich einen Termin bei Alex vereinbart.

Und wie konnte deine Talentscout Alexandra dich dann unterstützen? Als Alex und ich uns kennengelernt hatten, wusste ich ja bereits, dass ich Physik studieren wollte, da unsere Schule uns schon vorab bei der Studien- und Berufsorientierung toll unterstützt hat. Mit Alex habe ich dann Themen besprochen, wie zum Beispiel die Studienbewerbung, die Finanzierung und generell wie der Übergang von Schule zur Hochschule aussieht.

Irgendwann meinte Alex dann zu mir, dass ich für ein Stipendium in Frage komme. Ich dachte immer, dass man einen 1,0-Durchschnitt braucht. „Es kommt nicht nur auf die Note, sondern auch auf das soziale Engagement und die persönliche Biografie an“, meinte Alex zu mir. Allein die Möglichkeit für ein Stipendium hat bei meiner Familie, bei meinen Freunden und mir totale Freude ausgelöst.

Wie war dann erst die Reaktion, als du dein Stipendium erhalten hast? Wir konnten es gar nicht fassen. Ende April hatte ich mich mit der Unterstützung von Alex meine Bewerbung bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung versendet und Anfang September kam dann die Zusage. Zwischendurch dachte ich, dass keine Rückmeldung kommt und hatte eigentlich mit dem Thema abgeschlossen. Im September kam dann die Zusage, das war bei eurem TalenteNetzwerkTreffen. Ich weiß noch, wie ich direkt zu Alex gerannt bin und ihr von der Zusage berichtet habe. Wir haben uns unglaublich gefreut zusammen und ohne Alex wäre das alles gar nicht möglich gewesen.

Ich möchte mich bei euch bedanken, weil ihr eine große Unterstützung seid! Ohne euch gäbe es viel Verunsicherung. Ihr gebt uns eine Orientierung, ihr macht uns Mut und ermöglicht uns, sich mit anderen Talenten auszutauschen und den eigenen Horizont zu erweitern.

Schön, wie erfolgreich dein Weg war! Gab es in deiner Laufbahn eigentlich auch Hürden oder Schwierigkeiten? Die ersten Jahre in Deutschland waren für mich aufgrund der neuen Sprache und Kultur sehr schwierig. Alles war neu und ich musste vieles lernen und ich bin einfach froh, dass mein großer Bruder immer für mich da gewesen ist – er ist sowas wie mein Rückgrat und stand mir immer zur Seite. Meine Familie hat sich immer um mich gekümmert und ich unglaublich dankbar für all ihre Unterstützung.

Mit diesen Erfahrungen, die du gesammelt hast: Was würdest du anderen Schülerinnen und Schülern empfehlen, die sich gerade in der Studien- und Berufswahl befinden? Ich kann allen nur einen Termin beim Talentscouting empfehlen! Es war hinsichtlich meiner Laufbahn fürs Studium das Beste, was mir passieren konnte. Mit den Talentscouts kann man so gut wie alles besprechen, man kann seine Möglichkeiten durchgehen, Fragen klären und einfach mal offen sprechen. Ich empfehle allen Schüler:innen auch, sich nicht so sehr stressen zu lassen und die Zeit einfach zu genießen.

Wenn du mal einen Workshop halten würdest, was wäre dann dein Thema? Mir würden direkt zwei Themen einfallen: Das erste Thema wäre, dass Integration kein einseitiger Prozess ist, sondern beide Seiten aufeinander zukommen müssen. Ich finde es müsste „Inklusion statt Integration“ heißen, weil Menschen die z.B. nach Deutschland kommen sich nicht nur von sich aus an die Gesellschaft anpassen sollen, sondern die Gesellschaft sollte auch auf die Person zukommen und sagen: „Du darfst mitbestimmen, du nimmst auf uns Rücksicht und wir nehmen auf dich Rücksicht.“ Das zweite Thema widme ich dem Thema, wie es für Menschen ist, die in ein neues Land auswandern, also wie die ersten Jahre sind, was man beachten sollte und wie man Unterstützung erhält.

Zum Schluss die wichtigste Frage. Vervollständige diesen Satz: „Ich bin ein Talent, weil…?“ Ich bin ein Talent, weil ich die Hürden, die mir begegnet sind, mit Unterstützung meiner Mitmenschen erfolgreich bewältigt habe und meinen Weg gehen werde!