„Was haben meine Eltern mit meiner Studien- bzw. Berufswahl zu tun?“ – 9. Talent-Talk an der HRW

 

„Was haben meine Eltern mit meiner Studien- bzw. Berufswahl zu tun?“ – 9. Talent-Talk an der HRW

Prof. Dr. Werner Sacher von der Universität Erlangen-Nürnberg war am 07.02.2018 zu Gast an der HRW, um im Rahmen des Talentscoutings einen Vortrag über den Einfluss der Eltern bei der Studien- und Berufswahl zu halten. Viele Eltern, Lehrer*innen, Talentscouts, Schüler*innen und andere Personen aus dem Bildungswesen diskutierten auch nach dem Vortrag weiter über Möglichkeiten, wie man Eltern noch stärker in den Entscheidungsprozess ihrer Kinder einbeziehen kann.

Studien zeigen: Mehr als die Hälfte aller Schüler fällt die Berufs- oder Studienwahl schwer. Logisch, bei über 5.000 verschiedenen Studiengängen und etwa 450 Ausbildungsberufen fällt die Auswahl nicht gerade leicht. Aber wie können deine Eltern dich dabei unterstützen? Wie beeinflussen sie dich bei deiner Wahl des Studiums oder des Berufs? Das und vieles mehr wurde in dem Vortrag erläutert.

Eltern haben den meisten Einfluss auf die Berufs- oder Studienwahl.

Prof. Sacher stellte vor, dass die Eltern an erster Stelle stehen, wenn es um den Einfluss bei der Berufs- oder Studienwahl geht, gefolgt von Gleichaltrigen, Lehrkräften und Berufsberatern. Dabei beeinflussen sie dich nicht immer nur direkt, indem sie bei Bewerbungsprozessen unterstützen oder dich zur Berufsberatung begleiten. Eltern beeinflussen deine Berufs-/Studienwahl auch indirekt, indem sie ihre eigenen Berufe täglich unterbewusst vorstellen. Sei es eine Bemerkung über den Stress auf der Arbeit am Küchentisch oder auch zufriedene Eltern durch ein erfülltes oder abwechslungsreiches Berufsleben. Vielleicht ist dir so etwas ähnliches auch selbst schon aufgefallen, dass du dann sofort gedacht hast: „Ne, ich möchte keinen Beruf mit so viel Stress. Ich mache später was anderes.“

Was ist, wenn du nicht das machen möchte, was die Eltern beruflich machen oder dir vorschlagen?

Ein guter Freund von mir, Jan, war genau in dieser Situation. Sein Vater hatte sich als Sanitär- und Heizungstechniker selbstständig gemacht und baute mit viel Fleiß seinen eigenen Betrieb auf. Als Jan dann geboren wurde, war für seinen Vater klar: sein Sohn wird später mal seinen Betrieb übernehmen. Von da an nahm er ihn öfters mal mit zur Arbeit und reparierte mit ihm zahlreiche Sachen an seinem eigenen Haus und Garten. Als Jan dann alt genug war, um sich mit seiner Berufswahl zu beschäftigen, wollte er jedoch was ganz anderes machen als sein Vater: er wollte Elektriker werden. Zwar auch ein handwerklicher Beruf, das machte ihm ja schon immer Spaß, aber trotzdem war es nicht das, was sein Vater für ihn vorgesehen hatte. Für seinen Vater war das ein Schock und es dauerte ein wenig, bis Jan und seine Mutter ihn davon überzeugen konnten, dass Jan mit dem Betrieb nur unglücklich werden würde.

Doch was dann, wenn der Schock überwunden ist?

Jans Vater musste sich eingestehen, dass er ihm zu viel Druck gemacht hat und sah schließlich ein, dass Jan nicht dieselben Interessen hatte wie er. Er unterstütze ihn dann jedoch trotzdem bei der Ausbildungssuche und informierte sich mit Jan zusammen was ein Elektriker eigentlich alles so macht. Und so bekam Jan schließlich einen Ausbildungsplatz als Elektriker. Heute hat Jan nicht nur die Ausbildung geschafft, sondern auch noch seinen Meister absolviert und möchte nun als Berufsschullehrer anderen angehenden Elektriker/innen sein Wissen vermitteln. Jans Vater ist nun stolz auf die Karriere seines Sohnes und hat sich damit abgefunden, dass jemand anderes seinen Betrieb übernehmen wird.

Doch woher kommt dieser Schock wenn man du etwas anderes machen willst als deine Eltern?

Drei Viertel aller Eltern fühlen sich unsicher, wie sie ihrem Kind helfen können sich zu entscheiden. Klar, denn wenn du nicht dasselbe machen willst wie sie, dann betreten sie unbekanntes Terrain. Und das wiederum schafft Unsicherheit. Dabei ist es gar nicht ihre Aufgabe, dich wie ein Berufsberater zu allen Aufgaben und Inhalten eines Berufes zu informieren. Dafür gibt es schließlich die Berufsberatung der Agentur für Arbeit oder uns Talentscouts. Auch Jans Vater wusste erst mal nicht was er tun sollte, doch instinktiv tat er das Richtige: er und seine Frau unterstützten Jan dabei wichtige Fragen zu klären, wie: Wo findet man Informationen zu Berufen? An wen kann ich mich wenden? Wie läuft eine Bewerbung ab? Was erwartet mich im Berufsleben?

Deine Eltern sollen in erster Linie Gesprächspartner für dich sein und dir emotionalen Rückhalt geben. Jan war ziemlich chaotisch unterwegs, verpasste hin und wieder mal Termine und war in vielen Dingen recht faul. Jans Eltern wussten das und waren daher für ihn quasi seine Manager und übernahmen die organisatorische Unterstützung in der Bewerbungsphase. Das heißt: Wann und wo findet die nächste Berufs- oder Studienwahlmesse statt? Bis wann müssen Jans Bewerbungen rausgeschickt sein? Jans Eltern hatten das viel besser im Blick als Jan selber, er wollte lieber nur zocken…

Die Studien- oder Berufswahl an sich liegt ganz bei den Jugendlichen.

Deine Eltern können also lediglich ein Anstoßgeber und Unterstützer für dich sein, der immer wieder mal nachhakt, wie der Stand der Dinge ist. Genauso wie bei Jan, ist es wichtig dass deine Eltern dich bei deinem Bewerbungsprozess begleiten.

Zudem sollten deine Eltern sich bewusst machen, dass scheitern auch eine Option ist.

Bei dem anfangs erwähnten riesigen Angebot an Studiengängen und Berufen kann es passieren, dass du dich anfangs vielleicht falsch entschieden hast. Doch das sollte für deine Eltern kein Drama sein, denn das ist es für dich selbst dann schon genug. Deine Eltern können dich auch hier wieder begleiten, klären warum es nicht die richtige Wahl war und bei dem neuen Bewerbungsprozess zu unterstützen.

Fazit:

Ja, deine Eltern sind besonders wichtig bei deiner Studien- und Berufswahl. Sie sollten aber auch objektiv an den Prozess herangehen und dir möglichst viel Rückendeckung (durch Gespräche, emotionalen Rückhalt und das Bewerbungsmanagement) geben, ohne dabei versuchen zu wollen eine Berufsberatung zu ersetzen. Mir waren meine Eltern auch eine große Unterstützung bei der Berufswahl, genauso wichtig sind meiner Meinung nach aber auch Verwandte, Freunde oder auch deine Lehrer bei der Berufswahl. Denn diese beurteilen dich viel kritischer als deine Eltern es tun und können dir dabei helfen, deine Stärken und Schwächen zu finden. Diese Personen können dir z.B. dann auch ganz andere Erfahrungen aus ihren Berufen vermitteln und vielleicht ist da ja dann ein Beruf dabei, den du viel interessanter findest, als die deiner Eltern.

Es kann aus den verschiedensten Gründen jedoch auch vorkommen, dass deine Eltern dich nicht bei der Berufs- oder Studienwahl unterstützen können. An dieser Stelle kommen wir dann zum Einsatz. Wir können dir bei deinem Bewerbungsprozess helfen und, wenn du magst, mit deinen Eltern zusammen klären, welche Schritte zu tun sind, um den richtigen Studiengang oder den passenden Beruf für dich zu finden.