Ritag

„Jeder Mensch hat eine Stärke und ein Talent. Wenn man etwas nicht versucht, dann lernt man auch nicht.“ - Ritag kam vor fünf Jahren mit ihrer Familie aus Syrien nach Deutschland. Innerhalb kürzester Zeit gehörte sie zu den Jahrgangsbesten und wurde Stipendiatin der RuhrTalente!

Ritag vom Josef-Albers-Gymnasium Bottrop

Ritag (18), Joseph-Albers-Gymnasium Bottrop

Hallo Ritag, erzähl etwas über dich, wie alt bist du und wo kommst du her? Ich heiße Ritag und bin 18 Jahre alt, komme aus Syrien und lebe seit fünf Jahren in Deutschland.

Wie verlief denn deine Schulzeit? Was waren deine Lieblingsfächer? Wie war dein schulischer Laufweg? Als wir nach Deutschland gekommen sind, war ich zuerst auf einer Hauptschule. Ich war in der 7. Klasse, als mein Lehrer auf mich zukam und meinte, dass ich die Schule wechseln könnte. Danach war ich von der 8. bis zur 10. Klasse auf der Marie-Curie-Realschule in Bottrop und habe dort meinen Realschulabschluss gemacht. Ich hatte in der 10. Klasse einen Schnitt von 1,0 und war Jahrgangsbeste. Da war ich seit drei Jahren in Deutschland. Ich war total stolz und habe mich befreit gefühlt, weil ich es geschafft habe – das war bisher mein bester Tag in meinem Leben. Jetzt bin ich in der Q1 am Joseph-Albers-Gymnasium in Bottrop, um mein Abitur zu machen. Der Wechsel fiel mir anfangs etwas schwer, da ich mein Abi wieder mit 1,0 absolvieren möchte. Zurzeit fühle ich mich aber total wohl, weil die Lehrer*innen und Mitschüler*innen nett zu mir sind und ich gelernt habe, eigenständig und strukturiert zu lernen. Eigentlich wollte ich dieses Jahr im Mai auch den Medizinertest schreiben, aber nun schreibe ich ihn nächstes Jahr.

Was machst du denn gerne in deiner Freizeit? In meiner Freizeit verbringe ich die meiste Zeit mit meiner Familie und Lernen. An den Wochenenden zeichne ich total gerne, das mache ich, schon seit ich klein bin. Wenn ich mit dem Lernen fertig bin, treffe ich mich mit Freunden.

Du bist Schülerstipendiatin bei den RuhrTalenten. Wie kam es dazu? In der 10. Klasse der Realschule bin ich RuhrTalent geworden, da ich gute Noten und viel Verantwortung in meiner Familie übernommen hatte. Außerdem habe ich da ein Jahr Nachhilfe gegeben. Meine Klassenlehrerin an der Marie-Curie-Schule hat mich damals angesprochen und mir gesagt, dass es ein Schülerstipendium namens RuhrTalente gibt und es etwas für mich ist. Daraufhin habe ich mich beworben und habe eine Einladung für das Bewerbungsgespräch erhalten. Die Zusage fürs Stipendium war der zweitschönste Tag in meinem Leben. Durch die RuhrTalente habe ich die Möglichkeit erhalten, neue Menschen und auch Freunde kennenzulernen, neues zu lernen und an verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Jede Woche erhalten wir eine Liste mit Angeboten zu Workshops und Themen und man sucht sich aus, was einem gefällt und nimmt daran teil. In Brüssel und Berlin waren wir außerdem auch.Ich habe meine beste Freundin auch durch die RuhrTalente kennengelernt! Bisher habe ich an vielen Sachen teilgenommen – ich war an der Universität Duisburg-Essen für eine Woche, da wurde auch ein Interview mit mir durchgeführt. Ich finde es schade, dass ich nur noch in der Q2 bei den RuhrTalenten bin – das war die beste Zeit, die ich bisher hatte. Aber als Alumni möchte ich weiterhin dem Programm erhalten bleiben.

Was wäre denn dein Traumberuf oder wo möchtest du später mal hin? Mein größter Traum ist es, entweder Ärztin oder Pharmazeutin zu werden – auf jeden Fall etwas im naturwissenschaftlichen Bereich. Als ich klein war, war ich immer schon von Chemie und Biologie begeistert. Außerdem helfe ich anderen Menschen unheimlich gerne und ich merke immer mehr, dass ich zum Beispiel Medikamente gegen Krankheiten entwickeln möchte oder die Schmerzen von Menschen lindern will.

Wie konnte das Talentscouting dich denn unterstützen? Bei Nils war ich vor etwa sechs Monaten das erste Mal. Er hat sich in der Aula als Talentscout vorgestellt und uns Schüler*innen gefragt, ob wir wissen, was ein Talentscout so macht. Ich habe aufgezeigt, weil ich es von Freunden wusste und Nils ist am Ende zu mir gekommen. hat mir seine Karte gegeben und gesagt, dass ich einen Termin bei ihm vereinbaren soll. Wir haben über meine Idee gesprochen, dass ich Medizin studieren möchte. Ich wollte meine Chance nutzen und habe mit ihm über meine Sorgen geredet und Nils hat mir Mut gemacht und mir Informationen gegeben. Über dem Medizinertest wusste ich vorher auch nichts und das hat mir schon total geholfen. Ich bin ihm sehr dankbar für seine Unterstützung.

 Was würdest du anderen Schülerinnen und Schülern, die sich gerade in der Studien- und Berufswahl befinden, empfehlen? Ich würde ihnen raten, sich Zeit zu nehmen und zu recherchieren. Was gibt es für Bereiche und Wege? Es gibt auch Tests, die man online machen kann und die geben einem eine gute Übersicht über eigene Interessen. Außerdem kann man Praktika machen, um eigene Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, ob ein Beruf einem gefällt oder nicht. Durch ein Praktikum habe ich auch gemerkt, dass ich Chirurgin werden möchte. Mit anderen zu sprechen ist auch etwas, was ich raten würde. Vor allem mit denjenigen, die den Weg gegangen sind, den man auch gehen möchte. Dadurch kann man viele Informationen mitnehmen und sich in seiner Entscheidung festlegen.

Wie finden deine Eltern es, dass du jetzt studieren möchtest? Meine Eltern haben wenige schulische Erfahrungen in Syrien gemacht, sie unterstützen mich aber immer bei meinen Entscheidungen. Mein Vater spricht mir immer gut zu und gibt mir das Gefühl von Ruhe. Meine Mutter ist wie eine gute beste Freundin für mich, wir tauschen uns immer viel über alle möglichen Themen aus. Sie finden es toll, dass ich als Erste aus der Familie studieren möchte und sie geben mir immer das Gefühl von Sicherheit.

Welche persönlichen Hürden hast du erlebt? Die größte Hürde war unser Anfang hier in Deutschland. Alles war neu, man kennt die Kulturen und Traditionen nicht, man kennt niemanden und spricht die Sprache nicht. Die Situation war schwierig, weil ich auch nicht wusste, wer mir hilft, wenn ich etwas finden wollte. Als wir nach Deutschland gekommen sind, habe ich dann so schnell wie möglich versucht, die Sprache zu erlernen. Ich bin die Älteste in der Familie mit vier Geschwistern und deshalb habe ich die Verantwortung, am schnellsten die Sprache zu erlernen, um alle Dokumente für meine Familie zu schreiben, bei wichtigen Terminen zu übersetzen und meinen Geschwistern bei ihren Hausaufgaben zu helfen. Ich finde, wenn man die Sprache nicht beherrscht, dann kann auch keine Kommunikation stattfinden und man sagt auch immer: „Die Sprache ist der Schlüssel eines Landes“. Deshalb war es mein wichtigstes Ziel, die Sprache so schnell wie möglich kennenzulernen und mit den Menschen in Kontakt zu treten. Ansonsten ist eine Integration auch nicht möglich. Man muss selbst auch offen auf Menschen zugehen und über Dinge sprechen können, das habe ich mit der Zeit gelernt.

Wenn ich einen Workshop halten würde, dann wäre mein Thema…? Ich würde einen Workshop über Schwierigkeiten und Hindernisse in schweren Zeiten halten. Da würde ich auch über Themen wie Selbstbewusstsein, positives Denken und Mut sprechen, um Menschen Mut zu machen, offen für Neues zu sein. Jeder Mensch hat eine Stärke und Talent. Wenn man etwas nicht versucht, dann lernt man auch nicht.

Ich bin ein Talent, weil…? Ich bin ein Talent, weil ich motiviert und ehrgeizig bin. Außerdem bin ich hilfsbereit und möchte immer neues dazulernen und mein Wissen erweitern.

Dann wünschen wir dir weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg. Vielen Dank für den Einblick von deinen ersten Jahren in Deutschland bis hin zu deinem Traum, zu studieren. Viel Erfolg, Ritag!