Hallo Iliana, erzähl etwas über dich, wie alt bist du, wo kommst du her? Hi, ich bin Iliana, ich bin 19 Jahre alt und komme aus Oberhausen. Ich habe auf der Fasia-Jansen-Gesamtschule mein Abi gemacht und bin nun im zweiten Semester an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.
Vielleicht ist noch interessant, dass ich noch gar nicht so lange hier bin, erst seit 2015. Wobei – das sind ja schon sieben Jahre! Also doch etwas länger (lacht).
Du verbringst bald ein Drittel deines Lebens in Deutschland. Die Zeit vergeht wohl doch schneller, als du denkst, oder? Ja, das war wirklich schnell. Man denkt darüber gar nicht so häufig nach. Es ist schon komisch, wie lange ich schon in Deutschland lebe; das ist mittlerweile mein Zuhause.
Beschreib mal, wie das für dich war, mit 12 Jahren aus Griechenland nach Deutschland zu kommen? An sich war das schwer, weil ich die Sprache überhaupt nicht gesprochen habe. Gut war, dass meine Mutter in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, was uns als Familie den Anfang hier auf jeden Fall leichter gemacht hat. Und sie war damals auch in meinem Alter, als sie nach Griechenland ausgewandert ist. Sie wusste dadurch, was auf uns zukommen würde. Aber für mich war das jetzt im Rückblick schon eine riesen Herausforderung, weil ich gar kein Deutsch konnte.
Das war glaube ich das Schwierigste, das ich jemals erlebt habe. Man kann sich das – glaube ich – nicht vorstellen, wie schwierig es ist; in ein neues Land zu kommen, das man nicht kennt und wo man die Sprache nicht kennt. Ich komme auch aus einem kleinen, griechischen Dorf und obwohl Oberhausen jetzt nicht die aller größte Stadt ist, ist es schon etwas ganz anderes hier. Die Sprache ganz neu zu lernen, war definitiv die größte Hürde, die ich bisher überwunden habe.
Engagierst du dich nicht auch in dem Bereich? Ja ich engagiere mich in einem Migrationsverein in Oberhausen. Auch wenn ich in den letzten Wochen leider nicht so viel Zeit dafür hatte. Der Weg nach Düsseldorf zur Hochschule dauert ja auch relativ lange. Und gerade im ersten Semester hatte ich nicht so viel Zeit und musste erstmal schauen, wie ich mich da am besten organisieren kann.
Aber mir ist das wichtig, weil da viele Leute hinkommen, die einfach mit anderen sprechen möchten. Auch wenn sie die Sprache häufig noch nicht können, hilft ihnen das, mit anderen zu kommunizieren.
Wie verlief deine Schulzeit? Welche waren deine Lieblingsfächer? Wie war dein schulischer Laufweg? Ich habe in Griechenland noch die siebte Klasse besucht und bin dann hier in Oberhausen in die Internationale Vorbereitungsklasse auf der Fasia gekommen. Das war ganz gut, weil wir da so eine Gruppe waren, die sehr gut zusammengehalten hat. Dadurch konnten wir uns gut unterstützen und auch verstehen, wie es uns neu in Deutschland ging.
Wir wurden dann schnell ganz normalen Klassen zugeteilt. Ich habe dann 2021 auf der Fasia mein Abitur gemacht (Anmerkung: Iliana wurde Jahrgangsbeste, wollte damit aber nicht angeben).
Ich war froh, dass ich mich auf der Fasia von Anfang an wohl gefühlt habe und die Schule nicht wechseln musste. Auch unsere Lehrer:innen haben uns dort sehr gut unterstützt.
Und jetzt studierst du an der Heinrich-Heine-Universität. Ich studiere dort nun Jura! Die Idee habe ich von meiner Schwester. Sie studiert Jura in Griechenland. Wegen Corona hatte sie am Anfang auch Online-Vorlesungen, wie jede:r, und dadurch hatte ich die Möglichkeit, mir Vorlesungen anzuschauen und zu sehen, was sie dort alles lernt.
Am Anfang wollte ich ganz was anderes machen und ich habe mir gedacht, dass ich das mit Jura einfach mal ausprobieren wollte und falls es mir nicht gefällt, dann einfach etwas anderes zu machen.
Was waren denn die anderen Optionen, die du im Kopf hattest? Also, ich muss sagen, das war ein sehr komplizierter Weg (lacht), sage ich mal. Ich bin eine sehr unentschlossene Person. Ganz am Anfang stand Sport im Raum. Danach kam irgendwie Medizin dazu und dann dachte ich, dass ich beides verbinden könnte und Sportmedizin studieren könnte. Und für Medizin habe ich einfach keinen Studienplatz bekommen. Wie du weißt, ist das nicht ganz so einfach und ich habe sogar den TMS (Test für medizinische Studiengänge1) gemacht, aber der war wahrscheinlich nicht gut genug. Und dann war Jura eigentlich zufällig mit dabei.
Und jetzt bin ich mit Jura eigentlich sehr zufrieden. Man kann den TMS ja mittlerweile noch mal machen, aber mir macht Jura gerade sehr viel Spaß. Deshalb werde ich wohl nicht mehr wechseln.
Hast du schon Ideen, wie es dann in Zukunft für dich weitergehen wird? Nicht unbedingt. Es gibt natürlich einige Sachen, die ich sehr interessant finde. Zum Beispiel das Strafrecht. Ich mache ja auch Praktika und möchte dadurch Erfahrungen sammeln, was zu mir passt. Ich hatte ja auch noch keinen Bezug zu Jura und habe keine Erfahrungen, wie es ist, zum Beispiel Richterin zu sein, oder Anwältin.
Was sagt denn deine Mutter dazu, dass du nun wie deine Schwester, Jura studierst? Sie hat das natürlich erst gar nicht erwartet, weil ich ja immer von Sport geredet habe. Aber sie meint, solange ich damit zufrieden bin, steht sie immer hinter mir.
1 Der Test für medizinische Studiengänge (TMS) ist der weit verbreitete Eignungstest, den Studieninteressierte absolvieren können, um damit die Chancen auf einen Studienplatz für Medizin oder Zahnmedizin zu verbessern.
Wie hat sie dich denn dabei unterstützt? Sie hat mir auch bei den Entscheidungen geholfen, wir haben viel darüber gesprochen, was sie davon denkt. Sie hat mich auch immer zu allen Terminen gefahren, die anstanden, hat mir die Bücher zum Lernen gekauft. Sie war immer neben mir.
Und wo wir gerade über den Punkt Unterstützung reden: wir würden heute ja nicht miteinander sprechen, wenn du nicht im Talentscouting gewesen wärst. Wie bist du dahin gekommen? Ich glaube, das war Anfang der Oberstufe. Unsere Lehrer haben uns da empfohlen und ich habe eine E-Mail von Alexandra bekommen, dass sie eine Einführung macht. Die hat dann online stattgefunden, weil das mitten im Corona-Lockdown war. Ehrlicher Weise habe ich Alex noch nie persönlich gesehen.
Noch nie?! Nein (lacht). Sie hat uns erzählt, was das Talentscouting ist und wie sie uns unterstützt und alles und seitdem habe ich wirklich oft mit ihr gesprochen. Da ging es um die Studienwahl, aber auch meine Stipendienbewerbung und auch immer noch um Fragen zum Studium und so weiter.
Hatte Alex denn dann auch Einfluss auf deine Studienwahl? Nein, eigentlich hat sie sich da mit ihrer Meinung immer komplett zurückgehalten. Sie hat mich natürlich beraten, egal was ich sie gefragt habe. Sie hat mir immer zugehört und gesagt, wenn sie mir etwas empfehlen konnte. Aber sie hat mich gar nicht beeinflusst, die Entscheidung lag immer bei mir selbst. Und das finde ich auch gut, denn Alex ist ja irgendwie ein Vorbild für mich! Wenn sie mir ihre Meinung gesagt hätte, hätte mich das vielleicht beeinflusst. Durch die Gespräche mit ihr habe ich sehr viele Ideen bekommen und das hat mir immer sehr geholfen.
Welche anderen Dinge gab es, die du durch das Talentscouting kennengelernt hast? Es gab, das fand ich sehr interessant, so einen Online-Escape-Room (Anm.: im Rahmen des TalenteNetzwerkTreffens), den wir mit anderen Talenten gemacht haben. Das war auch während der Corona-Zeit und das war eine tolle Erfahrung. Ich habe auch bei eurer Stipendienvorbereitung mitgemacht, was mir sehr geholfen hat, mich zu bewerben und zu wissen, was da auf mich zukommt. Auch wenn ich das Stipendium am Ende nicht bekommen habe, war das wirklich sehr hilfreich. Und wir haben im TalenteNetzwerkTreffen auch eine Weihnachtsfeier gemacht, was sehr schön war.
Was hast du von diesen Veranstaltungen persönlich mitnehmen können? Es hat mir natürlich Spaß gemacht und ohne das Talentscouting hätte ich gar nicht so viele Sachen geschafft, wie ich am Ende dadurch machen konnte. Ohne das Talentscouting hätte ich mich wahrscheinlich nicht für ein Stipendium beworben und auch das Studium war nicht ganz fremd – man hat etwas darüber gehört und ich hatte eine Idee, was auf mich zukommen würde.
Und mittlerweile hast du ja schon einige große Schritte erreicht. Wenn ich jetzt mal überlege, wo ich mittlerweile angekommen bin, dann freue ich mich auch darüber. Dass ich hier bin, dass ich hier wohne. Ich kann mir zum Beispiel auch nicht vorstellen, noch mal zurück zu gehen. Hier ist mein neues Zuhause.
Ich würde auch anderen den Rat geben, nicht aufzugeben und neue Dinge auszuprobieren. Man sollte keine Angst vor neuen Dingen haben und sich etwas trauen! Eine Sache, die ich sehr gerne machen möchte, ist ein Auslandssemester. Und auch ich habe davor ein bisschen Angst (lacht). Aber ich habe ja auch noch ein bisschen Zeit.
Welches Land würde dich denn reizen? Auf jeden Fall ein englischsprachiges Land. Wahrscheinlich England. Oder, ich könnte mir, weil in den meisten Unis ja auch auf Englisch unterrichtet wird, auch Spanien oder Italien vorstellen. Auch wenn ich diese Sprachen nicht spreche. Beides sind sehr schöne Länder, in England regnet es ja immer (lacht).
Ich denke, ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen, dass ich durch das Auslandssemester auch etwas verlieren könnte – zum Beispiel Stoff verpassen, oder so. Am Ende gewinne ich ja auch viel Erfahrungen und ich glaube, ich würde auch lieber ein oder zwei Semester länger studieren, dafür dass ich dann die Erfahrung machen kann.
Wenn du einen Workshop halten würdest, was wäre dann dein Thema? Ich glaube, mein Thema wäre so etwas, wie: sich in neuen Situationen zurechtfinden. Ich bin da bestimmt keine Expertin für, aber ich glaube, ich könnte dazu etwas sagen. Zum Beispiel, wie man mit neuen Herausforderungen umgehen könnte, wie dem Studium.
Zum Schluss die wichtigste Frage. Vervollständige diesen Satz: „Ich bin ein Talent, weil…?“ (überlegt lange) …weil ich nicht aufgegeben habe, auch wenn es nicht immer leicht war. Und auch wenn ich vor etwas Angst hatte, habe ich immer versucht, mein Bestes zu geben.