Ato-Rekan

Ato-Rekan findet trotz herausfordernder Umstände seinen Weg. Vom durchschnittlichen Schüler wurde er zu einem engagierten Lehramtsstudenten, der für Geschichte und Politik brennt und sich für Bildungsungerechtigkeit einsetzt.

Ato-Rekan, 21, Universität Duisburg-Essen

Hallo Ato-Rekan – herzlich willkommen und schön, dass du da bist! Erzähl etwas über dich, wie alt bist du, wo kommst du her? Ich bin Ato-Rekan, 21 Jahre alt und komme aus Bottrop. Ich bin in Deutschland, in Essen, geboren und studiere an der Universität Duisburg-Essen Lehramt in der Fächerkombination Geschichte und Sozialwissenschaften. Aktuell befinde ich mich im zweiten Semester.

Wie verlief deine Schulzeit? Wie war dein schulischer Laufweg?  Mein schulischer Werdegang hat sich im Laufe der Jahre durchaus verändert. In den ersten Jahren der Grundschule bin ich nicht besonders aufgefallen. Meine Noten waren mittelmäßig. Ich war nicht so interessiert an der Schule, aber als ich dann auf die weiterführende Schule kam, wurde ich engagierter, und meine Noten wurden besser. Ab der 8. Klasse wurde es in der Schule für mich anspruchsvoller und war nicht mehr auf dem Niveau wie zuvor. Meine Qualifikation fürs Abitur habe ich jedoch ganz gut abgeschlossen. In der Oberstufe habe ich mehr Interesse und Engagement gezeigt. Meine Noten haben sich Schritt für Schritt verbessert. Am Ende habe ich mein Abi mit 1,9 erzielt, worauf ich auch sehr stolz war, weil ich wenige Jahre zuvor gar nicht damit gerechnet hätte. Ich habe viel Zeit ins Lernen investiert, und es hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Ich hatte währenddessen auch Freunde, die ähnlich engagiert waren. Meine Freunde haben mich motiviert, und wir haben uns gegenseitig unterstützt. Wenn man ähnliche Ziele hat, diese gemeinsam verfolgt und miteinander teilt, nähert man sich seinem Ziel schneller, als wenn man den Weg alleine geht. Meine Freunde aus der Unterstufe, mit denen ich auch gemeinsam Abi gemacht habe, haben mich sowohl in der Abizeit als auch bei privaten Zielen bestärkt. Bis heute pflegen wir noch den Kontakt.

Ein Tipp, den ich gerne anderen Teile ist: „Sei offen für deine Ziele und teile sie mit anderen, weil man nicht weiß, ob die anderen auch die gleichen Ziele haben. Durch das offen sein, kann man herausfinden, ob man ähnliche Wege verfolgt und sich im besten Fall gegenseitig unterstützen und sein Ziel schneller und gestärkter erreichen.

Das klingt nach ganz wertvollen zwischenmenschlichen Beziehungen die du da pflegst! Hattest du Lieblingsfächer im Abi? Ja, meine Lieblingsfächer waren Geschichte, Sport, Italienisch und Sozialwissenschaften. Ich war in einem Fußballverein, bin in einem Fitnessstudio angemeldet, und daher hat mir der Sportunterricht sehr viel Spaß gemacht. Ich bin auch sehr an Sprachen interessiert. In der Oberstufe war Italienisch meine erste weitere Fremdsprache neben Englisch. Die Sprache macht mir sehr viel Spaß. Man lernt nicht nur eine neue Sprache, sondern auch die italienische Kultur. Unsere Stufenfahrt war auch in Italien. Selbst wenn ich im Alltag ein italienisches Restaurant besuche, kann ich mit den Mitarbeitenden auf Italienisch smalltalken. So kann ich auch meine Italienischkenntnisse anwenden und vor allem auf die Probe stellen. Weiterhin bin ich sehr politisch und historisch interessiert. Auch außerhalb der Uni beschäftige ich mich in meiner Freizeit viel mit Politik und Geschichte.

Du scheinst sehr für Politik und Geschichte zu brennen… 😊 Ja, das tue ich wirklich! Ich wollte zuvor Polizist werden. Die Aufnahmeprüfungen dafür hatte ich auch absolviert und tatsächlich bestanden. Aber dann habe ich meine Bewerbung zurückgezogen, weil ich gemerkt habe, dass mich der Beruf als Lehrkraft in Politik und Geschichte mehr fasziniert.

Kannst du dich noch daran erinnern wie du auf die Ausbildung zum Polizisten und Lehrkraft Politik/ Geschichte gekommen bist? Mir war es wichtig, etwas auszuüben, das zu meinen ideellen Werten passt. Durch mein Interesse an Sport bin ich auf den Beruf des Polizisten gekommen. In der Einführungsphase hatten wir die Möglichkeit, ein Praktikum zu machen. Ich hatte mich bei der Polizei beworben. Wegen Corona ist das Praktikum leider ausgefallen. Mir ist es letztlich wichtig, etwas zu tun, das zu meinen Werten passt, vieles für das Leben mitzunehmen und auch anderen Menschen etwas mitgeben zu können. In der Unterstufe haben mich bereits die Fächer Geschichte und Politik fasziniert. Es sind Fächer bzw. Themen, mit denen wir als Gesellschaft im alltäglichen Leben konfrontiert werden.

Absolut! Es ist unabdingbar, sich mit Geschichte und Politik zu beschäftigen, um aus der Vergangenheit zu lernen und aktiv an der Gestaltung einer gerechteren Zukunft mitzuwirken. Was sagen denn deine Eltern dazu, dass du nun Lehramt in der Fächerkombi Geschichte/Sozialwissenschaften studierst? Meine Eltern hatten immer die Einstellung, dass sie mir überlassen wollen, in welche Richtung ich gehen möchte. Sie haben sich schon gewünscht, dass ich den akademischen Weg gehe, aber es wurde nie von ihrer Seite Druck auf mich ausgeübt. Ich habe den Weg, Lehrer zu werden, aus eigenem Willen gewählt, und sie waren sehr erfreut darüber. Meine Eltern zeigen meinem Weg gegenüber großes Interesse, auch wenn sie das Studiensystem nicht kennen und mir keine konkrete Unterstützung bei Hausarbeiten oder Ähnlichem anbieten können, was ich absolut nicht als Vorwurf meine. Meine Eltern haben ein offenes Ohr, wenn ich über mein Studium berichte, und das unterstützt mich sehr. Des Weiteren unterstützen mich meine Eltern auch finanziell, denn sie sind der Überzeugung, dass ich mich auf mein Studium fokussieren soll und nicht noch nebenbei zwangsläufig arbeiten muss, um mein Studium zu finanzieren.

Was machst du denn gerne in deiner Freizeit? Ich treffe mich gerne mit Freunden und verbringe viel Zeit mit meiner Familie. In meiner Familie habe ich auch einige Verantwortungen, wie z.B. Übersetzungstätigkeiten. Ich nehme gerne an den Veranstaltungen der RuhrTalente teil. Vor kurzem habe ich die Ausbildung zum „TalentPaten“ abgeschlossen. Damit kann ich auch Jurymitglied bei den RuhrTalenten werden, wofür ich noch ein Seminar ablegen muss. Ich würde mich darüber hinaus gerne als Mentor engagieren. Meine Möglichkeiten vervielfältigen sich immer mehr. Im vergangenen Mai habe ich an einem drei-tägigen Einführungsseminar der Hans-Böckler-Stiftung teilgenommen, weil ich seit April Stipendiat dort bin. Neulich habe ich am Stipendien-Netzwerktreffen in Essen teilgenommen. Das waren alles Stipendiatinnen aus der Hans-Böckler-Stiftung, die aus der Region Essen kommen. Darüber hinaus verfasse ich für Bewerberinnen Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung. Mir wird nicht langweilig.

Dein Engagement in deiner Freizeit ist groß und klingt alles andere als langweilig. Wie hast du eigentlich vom Talentscouting erfahren und wie konnte das Talentscouting dich unterstützen? Damals hat sich Talentscout Nam in unserer Stufe vorgestellt, da war ich im ersten Jahr der Oberstufe. Das aufsuchende Beratungsangebot hat mir sehr zugesagt, sodass ich mich schnell aus Eigeninitiative für einen Beratungstermin eingetragen habe. Die Unterstützung und der Prozess, was ich nach dem Abi machen könnte, das zu mir und meinen Interessen passt, hat mir sehr geholfen. Die Beziehung zu meinem Talentscout war nicht einseitig, der Kontakt kam von beiden Seiten.

Ich habe Einladungen von meinem Talentscout bekommen und habe dadurch andere Talentscouts kennengelernt. Es hat sich dann immer weiter ausgedehnt. Mir wurden sowohl auf direktem Wege verschiedene Angebote und Veranstaltungen gesendet als auch über den WhatsApp-Status meines Talentscouts bin ich auf diverse Angebote gestoßen.

Mein Netzwerk hat sich dadurch erweitert. Als frischer Oberstufenschüler hat es mir vor allem geholfen, sich über meine Zukunft zu unterhalten und wie es für mich nach dem Abi weitergehen kann. Mein Talentscout hat sich entsprechend meinen Interessen schlau gemacht und mich auf passende Veranstaltungen aufmerksam gemacht. Selbst wenn mein Talentscout keine Information hatte, hat er sich schlau gemacht und war für mich da. Er wurde für mich durch den regelmäßigen Kontakt zu einer Vertrauensperson. Außerdem haben die Beratungstermine aufeinander aufgebaut und waren konstruktiv. Mein damaliger Lehrer hatte mich auf das Thema Stipendien aufmerksam gemacht, und mein Talentscout hat mich dann in dem Bewerbungsprozess für das Stipendium unterstützt. Bei Orientierungslosigkeit hatte mein Talentscout Antworten für mich, das hat vieles für mich leichter gemacht. Sowohl bei beruflicher Orientierung als auch bei privaten Themen hatte mein Talentscout ein offenes Ohr für mich, was ich als sehr wertschätzend empfand. Selbst wenn man eine Orientierung hat, verschafft man sich noch eine weitere Perspektive durch die Talentscouts.

Außerdem ist es mir wichtig zu sagen, dass ich in meiner Laufbahn nicht nur von Nam unterstützt wurde, sondern auch von weiteren Talentscouts wie Alex. Wenn Nam abwesend war, dann ist sie eingesprungen und bot ebenfalls ihre Unterstützung an. So haben mich die beiden gemeinsam auf meinem Weg zum Stipendiaten der Hans-Böckler-Stiftung erfolgreich begleitet, wofür ich sehr dankbar bin und nicht vergessen werde.

Ich möchte ergänzen, dass ich deine (Meryem: Interviewerin) Zuvorkommenheit sehr schätze. Obwohl wir uns erst kürzlich auf dem Sommerfest kennengelernt haben, hast du mir bereits die Gelegenheit gegeben, meinen Weg mit anderen Talenten zu teilen, in der Hoffnung, dass es ihnen weiterhilft.

Es freut uns, dass wir dich untersützen und begleiten konnten. Hattest du persönliche Hürden, die du erlebt hast und teilen magst? Ja, die habe ich erlebt. Nach der Kita bin ich nicht direkt normal eingeschult worden, sondern kam erst einmal auf eine Förderschule statt auf eine Grundschule. Das lag daran, dass ich zu spät einen Kitaplatz bekommen habe. Somit konnte ich erst später die Sprache erlernen und mit anderen kommunizieren. Ich war dann zwei Jahre auf der Förderschule und bin dann mittendrin auf eine Grundschule gewechselt. Es fiel mir früher nicht so leicht, darüber zu sprechen, weil ich es als unangenehm empfand. Heute bin ich damit im Reinen. Ich komme nicht aus einer Akademikerfamilie. Bei den Hausaufgaben war es teilweise herausfordernd, da ich in meiner Familie keine Ansprechpartner hatte. Meine Eltern konnten mir keine Tipps für das Bildungssystem geben, waren aber immer emotional für mich da. Ich bin der Erste aus meiner Familie, der das Abitur gemacht hat und jetzt der Erste, der studiert. Somit konnte ich bei Fragen zum Abi und Studium nicht auf meine Familie zurückgreifen. Auch hatte ich nicht immer alle Materialien für die Schule. In der Abi-Zeit habe ich viel Verantwortung in der Familie übernommen, wodurch ich zeitlich nicht immer frei und flexibel sein konnte. Selbst heute, neben dem Studium, merke ich, wie belastend es sein kann. Eine weitere Hürde war die Absage meiner ersten Bewerbung bei der der Hans-Böckler-Stiftung. Es war eine große Belastung für mich und hat an meinem Selbstvertrauen genagt. Trotz dieser Enttäuschung haben mich meine Freunde und die Talentscouts ermutigt, es erneut zu versuchen – und beim zweiten Anlauf hat es geklappt. Der Schlüssel zum Erfolg lag darin, mehr an mich selbst zu glauben, externe Tipps anzunehmen und authentischer aufzutreten. Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass es wichtig ist, in schwierigen Situationen nicht zu resignieren, sondern resilient zu bleiben.

Mit diesen Erfahrungen, die du gesammelt hast: Was würdest du anderen Schülerinnen und Schülern empfehlen, die sich gerade in der Studien- und Berufswahl befinden? Was ich definitiv sagen kann, ist: Es hört sich vielleicht klischeehaft an, aber macht das, worauf ihr Lust habt! Hört auf eure intrinsischen Motive und nicht auf die extrinsischen, wie z.B. nur ein hohes Gehalt, Statusgründe oder weil ein Freund oder eine Freundin das macht. Ich sehe bei einigen Kommilitonen, dass sie den Studiengang gewählt haben, weil sie keine andere Perspektive hatten, keinen Spaß haben, lustlos sind und überlegen, ob sie das nächste Semester weitermachen sollen. Die intrinsische Motivation ist sehr ausschlaggebend, denn es geht um das Durchhaltevermögen. Für jede Ausbildung und für jedes Studium benötigt es Durchhaltevermögen, und das kann sehr gering sein, wenn man etwas aus extrinsischer Motivation macht. Wenn man etwas mit Affinität und Liebe macht, dann hält man viel länger durch. Ich bin auch nicht frei davon, dass mir das Studium manchmal bis zum Kopf steigt und ich dadurch an manchen Tagen belastet bin. Dennoch mache ich es gerne weiter, weil ich ein Ziel verfolge. Somit kann ich nur ans Herz legen: Macht wirklich etwas, worauf ihr Lust habt, damit man später nicht hin- und herwechselt und unzufrieden mit sich selbst und dem Beruf wird. Einen Beruf übt man viele Jahre aus. Geht zum Talentscout, lasst euch beraten, sagt, wo eure Interessen und Vorstellungen liegen. Unterhaltet euch mit Familie und Freunden sowie mit Lehrkräften. Lasst euch beraten!

„Ohne Krisen wäre ich heute nicht derjenige, der ich bin und nicht so reif. Das formt und man lernt daraus. Ich habe auch durch die Erfahrungen anderer gelernt.“

Wenn du einen Workshop halten würdest, was wäre dann dein Thema? Ich würde mich dem Thema Bildungsungerechtigkeit widmen und mich dafür einsetzen, wie man sie bekämpfen kann, weil leider viele darunter leiden. In meiner TalentPaten-Ausbildung als auch bei der Hans-Böckler-Stiftung geht es genau um diese Werte: Chancengerechtigkeit und Solidarität. Wir als Gesellschaft haben uns definitiv weiterentwickelt, aber es gibt noch viel Bedarf, Bildungsungerechtigkeit zu bekämpfen. Und da möchte ich gerne noch mehr Menschen erreichen.

Stark! Danke für dein Engagement, Ato-Rekan! Zum Schluss die wichtigste Frage. Vervollständige diesen Satz: „Ich bin ein Talent, weil…?“ …ich niemals aufgegeben habe. Es hört sich einfach an, aber jeder hat sowohl gute als auch schlechte Zeiten. Es ist das Wichtigste, in schlechten Zeiten oder in Krisen rational zu denken und sich wirklich nicht von Emotionen stören zu lassen. Ich hatte auch oft herausfordernde Phasen, was Schule oder familiäre Themen anbelangt. Aber ich habe trotzdem weitergemacht, weil ich gelernt habe, dass nach dem Regenschauer irgendwann die Sonne kommt. Ich habe mich in den schweren Zeiten nicht unterkriegen lassen, dadurch bin ich ein Talent, weil ich Durchhaltevermögen besitze.

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